ÇáãÓÇÚÏ ÇáÔÎÕí ÇáÑÞãí

ãÔÇåÏÉ ÇáäÓÎÉ ßÇãáÉ : Risse im Periodensystem


Ï/ÓãíÑ ÇáãáíÌì
18-07-2014, 17:16
intergrund | 17.07.2014

Risse im Periodensystem
Seit Mendelejew vor 150 Jahren das Periodensystem der Elemente aufstellte, enthielt es Lücken. Erst kürzlich konnten Physiker die letzten davon schließen. Doch mit seiner Vollendung scheint das berühmte Schema ironischerweise einen Teil seiner Vorhersagekraft verloren zu haben.
Eric Scerri
Auf einen Blick
Einsteins Fluch

1

Die Synthese des Elements 117 hat die letzte Leerstelle im Periodensystem gefüllt. Nun liegt es erstmals vollständig vor, sofern keine weitere Periode hinzukommt.
2

Allerdings weichen die Elemente mit den Ordnungszahlen 104 bis 118 in ihren Eigenschaften teils erheblich von den anderen Mitgliedern der jeweiligen Gruppe ab.
3

Verantwortlich dafür sind Effekte der speziellen Relativitätstheorie, die unter anderem dazu führen, dass sich die äußeren Elektronen weiter vom Atomkern entfernen. Das wirkt sich auf Art und Stärke der Bindungen aus, die das Atom eingehen kann.

Vor vier Jahren berichteten Jurij Oganessian und seine Mitarbeiter am Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna nahe Moskau über die Synthese der ersten Atomkerne von Element 117. Vorläufig mit lateinischen Zahlen als Ununseptium (Uus) bezeichnet, hat es noch keinen richtigen Namen; denn vor der Taufe eines neuen Elements muss es nach altem Brauch zunächst unabhängig bestätigt werden. Das gelang für Uus vor wenigen Monaten am Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt. Damit ist demnächst mit der offiziellen Anerkennung und Namensgebung zu rechnen. Vor 2010 waren schon alle Elemente bis einschließlich 116 sowie die Nummer 118 entdeckt worden. Das Periodensystem ist nun also erstmals in seiner Geschichte vollständig in dem Sinn, dass alle Reihen lückenlos bis zum letzten Platz gefüllt sind. Das gilt zumindest so lange, bis Kernphysiker eventuell noch schwerere Elemente synthetisieren und damit eine weitere Reihe eröffnen.

Als Dmitrij Iwanowitsch Mendelejew – ebenfalls ein Russe – und andere die Tabelle in den 1860er Jahren schufen, bildete sie das erste große Schema, in dem sich alle damals bekannten Elemente geordnet nach Masse und chemischen Eigenschaften unterbringen ließen. Allerdings mussten einige Positionen leer bleiben, und Mendelejew prophezeite kühn, dass eines Tages neue Elemente entdeckt würden, die genau dort hineinpassten. Tatsächlich wurden mit der Zeit immer mehr Lücken geschlossen. Später erzeugten Kernphysiker außerdem künstliche Elemente jenseits des Urans und ergänzten so die unterste Reihe – in der Element 117 schließlich den letzten noch freien Platz besetzte.

Mendelejew hätte sicher seine Freude an dem geschlossenen Erscheinungsbild, das seine Tabelle nun bietet. Etwas trübt allerdings seinen Triumph. Es ist ein Makel, der sich bei den letzten Einträgen immer deutlicher gezeigt hat. Fatalerweise droht er das Konstruktionsprinzip selbst, welches dem Schema zu Grunde liegt, in Frage zu stellen – betrifft er doch jene elementare Eigenschaft, der es seinen Namen verdankt: die sich periodisch wiederholenden Muster. Mendelejew sagte ja nicht nur die Existenz von bis dahin unbekannten Elementen voraus, sondern machte, basierend auf der Regelmäßigkeit seines Schemas, auch korrekte Aussagen zu ihren chemischen Eigenschaften.

Doch die zuletzt erzeugten superschweren Elemente mit den höchsten Ordnungszahlen – sie entspricht der Anzahl der Protonen im Kern – verhalten sich teils nicht mehr so, wie das auf Grund ihrer Stellung im Periodensystem zu erwarten wäre: Ihre chemischen Wechselwirkungen und speziell die Verbindungen, die sie mit anderen Atomen bilden, weichen von denen der anderen Elemente in derselben Spalte der Tabelle ab. Der Grund liegt darin, dass einige der Elektronen, welche die schwersten Kerne umkreisen, Geschwindigkeiten erreichen, die gegenüber der Lichtgeschwindigkeit nicht mehr zu vernachlässigen sind. Sie werden "relativistisch", wie die Physiker sagen; denn sie lassen sich nur noch mit Einsteins spezieller Relativitätstheorie korrekt beschreiben. Dadurch entsprechen auch die chemischen Eigenschaften der betreffenden Atome, die ja von den Elektronen abhängen, nicht mehr der Stellung im Periodensystem. Und so scheint es, dass Mendelejews Werk ausgerechnet im Moment seiner (vorläufigen) Vollendung einen Teil seiner Erklärungs- und Voraussagekraft eingebüßt hat.
Das chemische Verhalten wiederholt sich

Obwohl schon mehr als 1000 Versionen des Periodensystems publiziert wurden – mit vielerlei Variationen in der Anordnung und Anzahl der Einträge – haben sie doch ein entscheidendes Merkmal gemeinsam. Reiht man die Elemente nach steigender Ordnungszahl auf (anfangs wurde stattdessen das Atomgewicht verwendet), so wiederholt sich, leicht modifiziert, in regelmäßigen Abständen das chemische Verhalten. Wenn wir zum Beispiel mit Lithium beginnen und uns um acht Plätze vorwärtsbewegen, erreichen wir Natrium, das ganz ähnliche Eigenschaften aufweist. Beispielsweise sind beide Elemente Metalle und so weich, dass man sie mit einem Messer schneiden kann. Außerdem reagieren sie heftig mit Wasser. Rücken wir wiederum acht Plätze weiter, kommen wir zum Kalium, das ein genauso weiches Metall ist und noch stärker mit Wasser reagiert.

In den frühesten Periodensystemen wie dem von Mendelejew betrug die Länge einer Periode oder Reihe immer acht – mit Ausnahme der ersten, die nur zwei Einträge hatte. Bald wurde jedoch klar, dass sich bei der vierten und fünften Periode die Eigenschaften nicht nach acht, sondern erst nach 18 Elementen wiederholen. Die entsprechenden Reihen sind also breiter als die vorhergehenden; denn sie enthalten einen zusätzlichen Elementblock: die Übergangsmetalle, die in der üblichen Darstellung des Periodensystems in der Mitte sitzen. Die sechste Periode erwies sich dann als noch länger: Sie enthält 32 Elemente, da beginnend mit Lanthan 14 so genannte Lanthanide (heute Lanthanoide) hinzukommen.

Im Jahr 1937 begannen Kernphysiker, neue Elemente zu synthetisieren. Das erste war Technetium. Es füllte eine der vier Lücken in dem damals bekannten System, das von 1 (Wasserstoff) bis 92 (Uran) reichte. Die anderen drei fehlenden Elemente folgten bald; zwei davon wurden künstlich erzeugt (Astat und Promethium) und das dritte (Francium) in der Natur gefunden. Aber noch bevor diese Lücken geschlossen waren, kamen neue Elemente jenseits von Uran hinzu, und damit entstanden weitere Leerstellen. Der amerikanische Chemiker Glenn T. Seaborg (1912 – 1999) erkannte, dass Actinium, Thorium und Protactinium zusammen mit Uran sowie den folgenden zehn Elementen einen weiteren Block bilden, der wie die Lanthanoide 14 Elemente enthält; sie werden als Actinide (Actinoide) bezeichnet. Weil die beiden Blöcke mit ihren 14 zusätzlichen Einträgen die betreffenden Reihen noch breiter machen würden, verzeichnet man sie in Standard-Periodensystemen gesondert am unteren Rand.
Die Schöpfer von Element 117
Die Schöpfer von Element 117
Jurij Oganessian vom Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna nahe Moskau leitete das Team, welches erstmals das Element 117 erzeugte. Er bemüht sich nun, auch die Nummer 119 zu synthetisieren, die als Nächstes auf die bereits bekannten Elemente folgt.

Wie sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts herausstellte, fußt die Periodizität der Elemente auf der Quantenphysik. Die Elektronen der Atome bewegen sich demnach auf Schalen um den Kern, wobei mit jeder neuen Periode eine zusätzliche, weiter außen gelegene Schale hinzukommt. Darin gibt es jeweils eine bestimmte Zahl von Aufenthaltsräumen, die auf Grund des von Wolfgang Pauli (1900 – 1958) entdeckten Ausschlussprinzips nur bis zu zwei Elektronen aufnehmen können.

Diese so genannten Orbitale zeichnen sich jeweils durch eine charakteristische Form und Größe aus. Elemente der ersten Periode verfügen über nur einen mit s bezeichneten Typ. Dieses Orbital ist kugelsymmetrisch und kann, wie gesagt, maximal zwei Elektronen aufnehmen – eines beim Wasserstoff, zwei beim Helium. In der zweiten und dritten Schale existiert jeweils ein weiteres, größeres Orbital vom s-Typ. Außerdem kommen drei Orbitale einer neuen, hantelförmigen Sorte namens p hinzu. Wiederum kann jedes davon mit ein oder zwei Elektronen besetzt sein, was maximal sechs ergibt. Insgesamt bieten die zweite und dritte Schale also Platz für jeweils acht Elektronen. Darin liegt der Grund für die Periodizität von acht in den Originalversionen des Periodensystems. Die Elemente der vierten und fünften Periode enthalten zusätzlich zu den s- und p- noch jeweils fünf d -Orbitale, was zehn weitere Plätze für Elektronen schafft und die Periode auf 18 streckt. Schließlich kommen in den letzten beiden Reihen noch jeweils sieben Orbitale vom f-Typ hinzu, so dass die Länge auf 32 (18 + 14) Elemente anwächst.

Der enge Zusammenhang zwischen dem Aufbau des Periodensystems und der Elektronenstruktur der Atome bedeutet, dass die Vervollständigung der Tabelle nicht nur eine Sache der Ästhetik und der Darstellungsweise auf Papier ist. Vielmehr sind nun für alle sieben Perioden sämtliche Besetzungsmöglichkeiten aller s-, p-, d- und f-Orbitale realisiert. Falls je weitere Elemente synthetisiert werden sollten, stünden sie in einer neuen Reihe des Systems.